Ein Flusseinzugsgebiet umfasst die Quellgebiete eines Gewässers bis zu dessen Mündung und die dazugehörigen Grundwassersysteme. Kleine Flüsse und Bäche gehören zu den Einzugsgebieten der Gewässer, in die sie münden. Fließt ein Fluss direkt ins Meer, gehört er zu dessen Einzugsgebiet. So gehört das Einzugsgebiet der Donau mit ihren Neben- und Quellflüssen zum Haupteinzugsgebiet des Schwarzen Meers, in das sie nach einem Lauf von 2845 km Länge mündet. Insgesamt umfasst ihr Einzugsgebiet eine Fläche von 796 000 km2 und ist viermal größer als das des 1236 km langen Rheins mit 199 000 km2, der zum Haupteinzugsgebiet der Nordsee gehört.
Die Wasserscheide – hier in Rot dargestellt – markiert den Grenzverlauf zwischen benachbarten Flusseinzugssystemen.
Die Europäische Hauptwasserscheide trennt die Zuflüsse von Atlantischem Ozean und Mittelmeer bzw. Schwarzem Meer voneinander. Sie erstreckt sich von Gibraltar im Süden der Iberischen Halbinsel bis zum Polarmeer und verläuft in der Regel über die Kammlagen von Gebirgen.
Etwa 84 km davon verlaufen durch das nördliche Waldviertel.
Die farbliche Differenzierung der Haupteinzugsgebiete der Meere ermöglicht es, neben der Europäischen Hauptwasserscheide auch die übrigen Wasserscheiden zu unterscheiden. Die Karte nimmt keine Rücksicht auf Ländergrenzen, sodass die Gebiete ausschließlich den hydrogeographischen Zusammenhang wiedergeben.
Rupert Hauer (* 14. September 1880 in Großgerharts in Niederösterreich; † 11. März 1965 in Gmünd) war römisch-katholischer Geistlicher und Heimatforscher im Waldviertel, der im Alter von 85 Jahren an den Folgen eines Raubüberfalls starb.
ENTLANG DER EUROPÄISCHEN HAUPTWASSERSCHEIDE
Das Waldviertel (Mai-Juni 1963) von Rupert Hauer
Eine Wasserscheide ist ein mehr oder minder hoher Bergrücken zwischen zwei Flussgebieten, durch welche die Gewässer in entgegengesetzter Richtung abgeleitet werden. Der Höhenrücken bildet den Wasserscheidenkörper, dessen Kammlinie die Wasserscheidelinie bildet. Die Wasserscheide besteht entweder aus festem Gestein, welches das Grundgerüst der Landschaft bildet, oder aus lockerem Material, das dem Grundgerüste aufgelagert ist. Diese beiden Möglichkeiten dürfen bei der Beurteilung von Wasserscheiden nicht außeracht gelassen werden.
Die europäische Hauptwasserscheide, welche die Gewässer des atlantischen Ozeans und der Nord- und Ostsee von denen des Mittelmeeres und des Kaspischen Meeres trennt, geht von Gibraltar aus durch Spanien zu den Pyrenäen, dann über die französischen und deutschen Mittelgebirge bis zum mittleren Uralgebiet. Durch diesen Zug wird auch ein kleiner Teil des nordwestlichen Waldviertels nach Norden hin entwässert.
Diese Wasserscheide liegt im nordwestlichen Waldviertel fast ganz auf dem Boden des Bezirkes Gmünd und, was zur Beurteilung wichtiger ist, ganz im Gebiet des Granits. Im Süden ist es ein schmaler Streifen Granodiorit, der die Wasserscheidelinie trägt. Bis Pürbach liegt sie im Weinsberger Granit, der übrige Teil bis zur Grenze im Norden wird von mehr oder minder großen Partien der verschiedenen Granitarten aufgebaut, wie Eisgarner-, Mauthausener-, Weinsberger- und Wolfsegger Granit. Auch einige tertiäre Lappen trägt hier im Norden die Wasserscheide.
Sie liegt bei Karlstift etwa in 1000 m Meereshöhe, bis Großschönau sinkt sie langsam bis auf 800 m, bis Weißenalbern auf 650 m, sinkt dann bis östlich von Pürbach auf 515 m, um dann bei Eulenbach wieder auf 600 m anzusteigen. Sie quert also zwischen Weißenalbern und Eulenbach eine flache Mulde von ungefähr 9 km Breite. Nach Norden hin steigt die Wasserscheide wieder bis 650 m langsam an und erreicht, bereits jenseits der Grenze, noch größere Höhen.
Die Wasserscheide tritt westlich von Karlstift (Bucherser Gedenkkapelle) in Niederösterreich ein und verläuft in östlicher Richtung zwischen den Quellbächen der Lainsitz und der Aist, die sie beide begleiten, der eine nach Westen, der andere nach Osten fließend. Sie liegen nur etwa 400 m voneinander entfernt, sodass man hier sofort den Eindruck hat, dass der Kampf um die Wasserscheide bereits in ein akutes Stadium getreten sei. Mit der Bezeichnung „Kampf um die Wasserscheide“ bringt man die Tatsache zum Ausdruck, dass nicht wenige Wasserläufe ihr Einzugsgebiet zu erweitern pflegen, indem sie ihr Quellgebiet nach aufwärts verlegen und so langsam in das angrenzende Flussgebiet einbrechen, den Nachbarfluss oder einen seiner Zuflüsse anzapfen und sie ihrem Flussgebiet eingliedern.
Dass dieser Kampf um die Wasserscheide hier an dieser West-Ost verlaufenden Strecke besonders akut zu sein scheint, kommt einem umso wahrscheinlicher vor, als das Gefälle der Lainsitz bis zur 900 m Linie 84,7 m Promille beträgt, während das der Aist bis zur selben Höhenlinie nur 70 m Promille beträgt, was also unter Umständen ein Vordringen der Lainsitz-Elbe in das Flussgebiet der Aist-Donau andeuten würde. Auch der Einsiedelbach, der bis zur 900 m Linie ein Gefälle von 83,5 Promille hat, liegt einem anderen Quellbach der Aist gegenüber, der bis zur 900 m Linie ein Gefälle von 50 m Promille hat. Beide Quellen liegen nur 800 m von einander entfernt, liegen in gleicher Höhe (980 m), sind aber durch eine 53 m hohe Granitkuppe voneinander getrennt, ein Umstand, der für eine Anzapfung von der einen oder anderen Seite kaum günstig sein dürfte. Und so ähnlich ist die Situation aller Quellbäche an dieser Strecke der Wasserscheide.
Völlig abwegig ist es, wenn Klaus Münzing (Gedanken zur Entwicklung der Landschaft um Karlstift. Das Waldviertel, 1961) die flachen Mulden, in denen die Quellbäche des Einsiedelbaches, im Gegensatz zu dem tief eingeschnittenen Tal ab Karlstift fließen, dahin deutet, dass sie einst die Oberläufe des Stiriglerbaches waren, also früher ihr Wasser zur Donau schickten. Abwegig deswegen, weil die Quellen dieser Bäche tiefer liegen als die Kammlinie der Wasserscheide oder höchstens bis nahe an ihr Niveau hinaufreichen. Solche Talmulden im Oberlauf finden sich diesseits und jenseits der Wasserscheiden; sie sind im Waldviertel weit verbreitet und zwar nicht nur an der Lainsitz und ihren Zuflüssen, sondern noch viel charakteristischer am Kamp sowohl wie an der Großen und Kleinen Krems. Diese Erscheinung erklärt sich daraus, dass diese Bäche oder Flüsse einst ihre Ausräumungsarbeit bei einer tiefer liegenden Erosionsbasis aufgenommen haben, aber damit noch nicht zu Ende gekommen sind. Darum weisen alle diese Gerinne einen Gefällsknick auf, der zeigt, wie weit die Erosion bis oben vorgeschritten ist. Beim Einsiedelbach liegt er ungefähr bei Karlstift, was weiter oben liegt ist noch mehr oder minder unberührt; die Gleichgewichtskurve ist noch nicht erreicht. In nicht wenigen Fällen ist diese Erscheinung darauf zurückzuführen, dass die Wasserläufe erst weiter von der Quelle entfernt durch verschiedene Zuflüsse, die meist ein starkes Gefälle haben, wasserreicher werden und daher von da ab kräftiger erodieren. Das dürfte zum Beispiel auch für den Einsiedelbach gelten.
Die Wasserscheide zieht von der Höhe 1027 m südwestlich von Karlstift ziemlich gerade nach Osten zur Höhe 1033 m, dann 923 m beim Sternhof, dann weiter zum Gaisberg mit 878 m und von da in ziemlich gerader Richtung nach Norden zum Palmstein 852 m. Von hier macht sie einen gegen Südosten gerichteten Bogen zur Höhe 822 m nordwestlich von Münzbach. Nach Klaus Münzing liegt hier wieder ein kritischer Punkt im Kampfe um die Wasserscheide. Er schreibt nämlich: „Ferner scheint mir die Furche Langschlag – Bruderndorf Bahnhof – Bruderndorf ebenfalls ein alter Zufluss des kleinen Zwettlbaches zu sein, der vom Landgraben (mündet bei Steinbach in die Lainsitz) und vom Oberkirchner Bach (Zufluss des Zwettlbaches, also ebenfalls Kampsystem) zerschnitten wurde. Auch in diesem Gebiet lässt sich unter Umständen ein Vordringen der Lainsitz- bzw. Elbezuflüsse gegen die Donauflüsse feststellen.
Dazu folgen nüchterne Feststellungen: Es gibt keine Furche Langschlag – Bruderndorf -Haltestelle Bruderndorf. Schon für den ersten Teil dieser Strecke gehört viel Phantasie dazu, um in der Landschaft eine Furche zu sehen, für den zweiten Teil aber versagt jede Phantasie. Denn die Wasserscheide legt sich wie ein breiter Wall zwischen Bruderndorf und die gleichnamige Haltestelle. Sie liegt hier in 790 m Meereshöhe. Die Haltestelle Bruderndorf liegt 749 m hoch. Der Bach, der an ihr vorbei in den Landgraben fließt, entspringt auf der Wasserscheide in 785 m Meereshöhe. Aber er bildet sich aus mehreren kleinen Quellbächen, die in der kleinen Mulde der Wasserscheide entspringen und sich erst weiter unten, am Ende der Mulde, zu einem Bach zusammenschließen. Ferner liegt die Quelle des Oberkirchner Baches gar nicht in der Richtung auf die Haltestelle Bruderndorf zu, sondern dieser Bach entspringt nordwestlich von Bruderndorf in 785 m Meereshöhe. Es würde also zwischen diesen beiden Bächen, auch wenn der Wall der Wasserscheide sich nicht dazwischen legen würde, niemals zu einem Kampf kommen, aber es hat auch in der Vergangenheit keinen solchen gegeben.
Die Bahnlinie Gmünd – Großgerungs hat den Weg durch diesen Seitenbach des Steinbaches gewählt. Sie steigt von Steinbach bis zur Haltestelle Bruderndorf um 126 m an. Den Ausweg aus diesem Tal hat sie dadurch gefunden, dass sie knapp außerhalb der Haltestelle, also in 749 m Meereshöhe die Wasserscheide unter dem Palmstein in einem Tunnel unterfährt und so den Weg nach Langschlag – Großgerungs frei bekommt.
Anders liegt die Sache mit einem anderen Quellbach des Steinbaches, der durch den Palmsteingraben fließt. Seine Quelle liegt in 785 m und ist von der Quelle des Oberkichner Baches bei Bruderndorf nur 800 m entfernt. Er hat bis zur 700 m-Linie ein Gefälle von 34 m Promille, während der Oberkirchner Bach bis zur 700 m-Linie nur ein solches von 7 m Promille hat. Doch auch hier besteht keine Gefahr der Anzapfung in absehbarer Zeit, da zwischen beiden ein Granitrücken von 810 m Meereshöhe liegt, der also die beiden Quellen um wenigstens 25 m überragt.
Die Wasserscheide zieht von hier in nordöstlicher Richtung auf den Johannisberg zu, wo sie 836 m hoch liegt. Zwischen dem Johannisberg und der 810 m-Höhe östlich Oberwindhag tut sich nun eine Tiefe Absenkung der Wasserscheide auf. Es ist ein schmales Tal zwischen Engelstein und Oberwindhag, in dem die Wasserscheide nur 695 m hoch liegt. Auf ihr entspringt einerseits der St. Wolfgang Bach in 690 m Meereshöhe und nach der entgegengesetzten Seite in 680 m ein kleines Bächlein, das in den Engelsteiner Teich fließt. Der St. Wolfgang Bach hat bis zur 650 m-Linie ein Gefälle von 28,8 m Promille; er mündet gegenüber Langfeld in einem schmalen Erosionstal in die Lainsitz. Das Engelsteiner Bächlein ist nur 1,6 km lang, fällt von der Quelle bis zur Mündung auf 660 m und hat somit ein Gefälle von 7 m Promille. Er ist zwar nicht ganz harmlos, reicht aber weit nicht an seinen Gegenspieler heran, hat aber allem Anscheine nach kaum etwas von ihm zu fürchten. Es liegt eine ausgesprochene Talwasserscheide von etwa 140 m Absenkung und 1,5 km Randbreite vor. Wie ist diese tiefe Furche quer durch die Wasserscheide entstanden? Diese zwei Bäche haben sie jedenfalls nicht geschaffen. Der ganzen Situation nach ist sie höchstwahrscheinlich als ein schmaler Grabenbruch aufzufassen, der mit dem später zu behandelnden breiten Grabenbruch zwischen Weißenalbern und Eulenbach gleichzeitig entstanden ist.
Von der 810 m-Höhe bei Oberwindhag zieht die Wasserscheide zum Schafberg (755 m) westlich von Großschönau, dann in einem kleinen Bogen um das Südende dieses Ortes herum auf den Hirschenhof zu, wo sie 625 m hoch liegt. Hier soll nun schon einmal, und zwar im Tertiär, ein Fluss über diese Wasserscheide geflossen sein. Norbert Krebs (* 29. August 1876 in Leoben; † 5. Dezember 1947 in Berlin) war ein österreichischer Geograph und Hochschullehrer und hat angenommen, dass sich ein Fluss, aus dem böhmischen Becken kommend, von Unserfrau über den Weinharter Sattel gegen Jagenbach zur Zwettl und zum Kamp ergossen hat. Den Anlass zu dieser Ansicht gab eine angebliche Furche, die sich in der angegebenen Richtung erstrecke. Diese Furche ist aber in der Landschaft gar nicht vorhanden, wohl aber führt ein schmales Erosionstal von den Weidenhöfen nach Unserfrau, das der Buschenbach eingeschnitten hat, dessen Quellbäche auf der Wasserscheide entspringen. Es ist in seinem oberen Teil in Granit eingeschnitten und liegt in seinem Unterlauf in dem kleinen Tertiärbecken von Alt-Weitra Unserfrau. Ferner sucht man bei Wernharts vergebens einen Sattel. Der Ort liegt vielmehr in einem kleinen Becken, das von Anhöhen, eben der Wasserscheide, umrahmt ist, die um 30 m höher liegen. Und schließlich fehlt auf der Wasserscheide, über die der Fluss geflossen sein soll, jegliche Spur von fluviatilen Ablagerungen (von lateinisch fluvius „Fluss“, also etwa „von Flüssen verursachte“ Sedimente).
Vom Hirschenhof weg schlägt die Wasserscheide einen kleinen Bogen um den Pichlhof herum (680 m) und zieht dann südlich von Siebenlinden über Brunnhof zwischen Großreichenbach und Grünbach (631 m) einerseits und Streitbach andererseits auf Weißenalbern (650 m) zu. Von Weißenalbern aber steigt sie in eine tiefe Talmulde hinab und erreicht östlich von Pürbach mit 515 m ihre tiefste Lage. Sie liegt jetzt nicht mehr direkt dem Granit auf, sondern fluviatilen Tertiärbildungen, Schottern und Sanden. Diese breite Talmulde erweckt morphologisch den Eindruck eines Flusstales, das quer durch den Granit zieht, der gegen Eulenbach zu wieder an die Oberfläche kommt. Diesem Eindruck ist auch Alfred Grund erlegen, umso leichter, als er bei Stölzles tatsächlich einige gutgerollte Schotterstücke fand. Alfred Grund (* 3. August 1875 in Prag-Smíchov; † 11. November 1914 in Smederevo in Serbien) war ein österreichischer Geograph und Geologe. Das veranlasste ihn zur Annahme eines Flusses, der aus dem böhmischen Becken kommend, dieses Tal durchzogen und weiterhin nach Osten in das Miozän-Meer von Eggenburg gemündet habe.
Nun finden sich aber Schotter nicht nur bei Stölzles, sondern das ganze Gebiet der Wasserscheide zwischen Kirchberg am Walde und Langschwarza und nach Osten und Westen darüber hinaus ist mit Schottern und Sanden verbaut. Die Art und Weise, wie diese Schotter und Sande auftreten, – es sind flache, verschieden hohe und breite Lappen, die getrennt in der Mulde liegen – lässt keinen Zweifel darüber, dass es Deltakegel jener Bäche sind, die von Norden und Süden her in diese Mulde mündeten, als sie noch von Wasser erfüllt war und die sie so teilweise auffüllten. Die Mulde selbst aber ist ein Grabenbruch, eine Fortsetzung des Gmünder Beckens, entstanden als zur Zeit der Alpenaufrichtung das Gmünder Becken in die Tiefe brach. Damals ist wohl auch der kleinere Grabenbruch zwischen Oberwindhag und Engelstein gebildet worden. Wenn man die umliegenden Höhen dieser breiten Talmulde in Betracht zieht, kann man wohl mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass diese Mulde im Bereich der Wasserscheide um rund 120 m eingebrochen ist. Diese Mulde hat ihr östliches Ende in der Nähe von Vitis, denn entlang des Jaudlingbaches zieht eine Bruchlinie nach Süden, die sich noch bei Zwettl bemerkbar macht.
Von den in dieser Mulde aufgeschütteten Deltakegeln interessieren uns hier nur jene, die in der Richtung der Wasserscheide liegen. Die Kammhöhe derselben zieht, von Weißenalbern kommend, im Bogen östlich um Kirchberg herum auf den Höhepunkt 563 m nördlich des Ortes hin, der die Rote Kapelle trägt. Hier treffen wir im Zuge der Wasserscheide zum ersten Mal auf gut gerollte Schotter. Die über diese Höhe führende Straße begleiten ziemlich tiefe Gräben, in denen, wenn sie frisch ausgehoben sind, diese Schotter gut aufgeschlossen sind. Es finden sich darunter Stücke bis zur Größe einer Doppelfaust. Es handelt sich durchgehend um Quarzschotter. Aber auch auf den Feldern dieser Kuppe findet man allenthalben gut gerollte Quarzschotter, die durch die Kultur an die Oberfläche gebracht werden. Sie werden allerdings immer seltener, weil sie bei der Feldarbeit immer wieder gesammelt und abtransportiert werden. Sie werden freilich nicht leicht ganz verschwinden. Sie liegen auf der Kuppe und in ihrer nächsten Nähe am zahlreichsten, werden nach Norden zu spärlich und kleiner und werden schließlich von Sand und Lehm abgelöst, in denen sie auch sonst vielfach eingebettet sind. Sie lassen sich aber bis Stölzles und darüber hinaus verfolgen.
Dieser Schotterkegel von Kirchberg weist durch seine Orientierung auf das von Weißenalbern herabkommende Bächlein hin, das heute den Kothwiesenteich durchfließt und sich, an seinem Schotterkegel abgleitend, über Fromberg nach Pürbach zuwendet. Der Bach entspringt nordwestlich von Weißenalbern in 610 m Meereshöhe, hat bis zum Kothwiesenteich 3 km Lauflänge, und da letzterer in 550 m Meereshöhe liegt, ein Gefälle 20 m Promille. Zur Zeit der Aufschüttung dieses Kegels muss naturgemäß mit einer bis 563 m Höhe reichenden Wasserbedeckung gerechnet werden, so dass das Gefälle dieses Baches für diesen Zeitpunkt 15 m Promille betrug. Es war also mehr als hinreichend, einen solchen Kegel, der überwiegend aus Sand und Lehm besteht, aufzuschütten.
Nun hat aber auch der Schwarzabach im Gebiet von Heinreichs und zwischen Eulenbach und Langschwarza Schotterkegel aufgebaut. In letzterem Gebiete finden wir nun wiederum ein Schotterniveau in 565 m Meereshöhe, also ähnlich wie nördlich von Kirchberg. Und dieser Schotterkegel reicht von Norden her weit in die Mulde Gmünd-Vitis hinein. Es ist so ohne weiteres verständlich, dass diese beiden Bäche, der von Süden kommende Pürbach und der von Norden kommende Schwarzabach, in Zusammenarbeit durch ihre Deltakegel einen Damm quer über die Furche aufgebaut haben, dem nun die Wasserscheide folgt, erst bei Eulenbach steigt sie wieder auf 600 m Meereshöhe an. Diese Talwasserscheide, die innerhalb der Furche Gmünd-Vitis kaum auffällt, ist wohl der interessanteste Punkt im Zuge der Wasserscheide. Da vor dem Niederbruche des Grabens die Wasserscheide wohl auch hier in 600 m Meereshöhe lag, dürfte der Pürbach damals wohl nach Osten zur Thaya geflossen sein.
Vom Eulenbach bzw. dem 600 m Höhenpunkt, zieht die Wasserscheide in einem nach rechts gerichteten Bogen über die in rund 600 m liegenden Höhen zwischen Artolz und Wolfsegg in ziemlich gerader Linie nach Norden auf den Mottenberg (634 m) zu. Auf dieser Strecke kommen sich die beiderseitigen Bäche mit ihren Quellen ziemlich nahe, nämlich der Jaudlingbach auf dem Ostabhang zur Thaya und der Guttenbrunnerbach auf dem Westhang zur Schwarza-Lainsitz. Ersterer entspringt in 600 m Meereshöhe und hat auf der Laufstrecke bis zur 550 m-Linie ein Gefälle von 12,5 m Promille. Der Guttenbrunnerbach entspringt in 590 m Höhe, mündet in 550 m Höhe in die Schwarza und hat auf dieser Strecke ein Gefälle von 18 m Promille, das also merklich größer ist als das auf der Gegenseite.
Vom Mottenberg ab erreicht die Wasserscheide in Reinberg östlich von Eggern 643 m.
Und weiter, bis knapp vor der Grenze, nordwestlich von Illmau steigt die Wasserscheide auf 662 m. Westlich von Kleintaxen überschreitet sie die Grenze, schlägt zwischen Reichers und Kottschallings eine enge Schlinge auf den Höhepunkt 666 m und erreicht mit 708 m den höchsten Punkt. Von da zieht die Wasserscheide weiter nach Nordosten und schlüpft durch eine ganz schmale Lücke zwischen den Quellbächen des Taxenbaches (zur Donau) einerseits und denen der Kastanitza (zur Elbe) andererseits durch. Auf dieser letzteren Strecke vom Mottenberg ab liegen die Quellen der beiderseits auf der Wasserscheide entspringenden Bäche sehr nahe einander gegenüber, so dass man den Eindruck hat, die Wasserscheidelinie schlängle sich mit großer Vorsicht zwischen denselben durch, um keiner zu nahe zu kommen. Es scheint, als ob der Kampf um die Wasserscheide hier bereits in das letzte Stadium getreten sei. Es scheint ferner, dass dieser Kampf sich zugunsten der Thaya-Donau entscheiden werden. Denn nicht weniger als neun Bäche entspringen am Ostabhang der Wasserscheide zwischen Pfaffenschlag und Kleintaxen, und alle diese Bäche sammeln sich in Becken von Gastern und münden, mit dem Taxenbach vereinigt, bei Peigarten in die Thaya.
Das Gefälle der zur Thaya strömenden Bäche ist ziemlich bedeutend, das der Gegenseite bedeutend kleiner. Der Illmaubach, der in 640 m Meereshöhe entspringt, hat bis zur 500 m-Linie ein Gefälle von 28 m Promille. Der Altbach entspringt in 600 m Meereshöhe und hat bis zur 500 m-Linie ein Gefälle von 27 m Promille. Der oberhalb Frühwerts einmündende Bach entspringt in 600 m Meereshöhe und hat bis zur 500 m-Linie ein Gefälle von 33,3 m Promille. Ganz anders liegen die Verhältnisse auf der Gegenseite. Selbst der Romanbach, dessen Quelle in 640 m liegt, hat bis zur 600 m-Linie nur ein Gefälle von 6,6 m Promille. Der Bach, der das Gebiet von Reinberg-Litschau durchfließt, in 620 m Meereshöhe entspringt und in 575 m Höhe in den Romanbach mündet, hat auf dieser Strecke ein Gefälle von immerhin 15 m Promille. Ein Bach, der in 615 m Meereshöhe entspringt, das Gebiet von Reinberg-Heidenreichstein durchfließt und in 565 m mündet, hat auf dieser Strecke ein Gefälle von 16,6 m Promille. Es wäre also nach dieser Situation nicht ausgeschlossen, dass durch die Bäche am Ostabhang der Wasserscheide infolge ihrer größeren Erosionskraft der Romanbach angezapft und so sein Einzugsgebiet, wenigstens teilweise, der Thaya-Donau eingegliedert und vom Lainsitz-Elbegebiet abgezweigt wird.
Diese Gefahr würde zweifellos bestehen, wenn der Träger der Wasserscheide fluviatiler Entstehung wäre. Nun liegen aber die Quellen der meisten dieser Bäche im Granitgebiet, so dass die Erosion und damit die Rückverlegung der Quellen, wenn überhaupt doch nur so langsam vor sich geht, und daher in den nächsten tausend Jahren kaum eine ernstliche Bedrohung eines der beiden Flussgebiete zu befürchten ist.
Es weist also die europäische Hauptwasserscheide im nordwestlichen Waldviertel drei interessante Punkte auf. Der erste liegt bei Bruderndorf mit einer auffallenden Ausbuchtung der Wasserscheide gegen den Ort. Der zweite Punkt liegt zwischen Engelstein und Oberwindhag. Hier liegt eine schmale Talwasserscheide vor, die unauffällig von der Wasserscheidelinie gequert wird. Ferdinand von Richthofen spricht in einem solchen Fall von einer Furchenwasserscheide. Der dritte Punkt ist die breite Talwasserscheide zwischen Weißenalbern und Eulenbach, die von tertiären Deltakegeln abgeriegelt wird, welche die Wasserscheidenlinie tragen. Die zwei letzten Durchbrechungen der Wasserscheide sind wohl tektonischer Entstehung, sind als Grabenbrüche zu werten, die wohl erst bei der Aufrichtung der Alpenkette im mittleren Tertiär entstanden sind.
Danke für die interessante Erläuterung.
Wasserscheiden finde ich einfach spannend.
Danke für diese ausführliche Erklärung! Mein altes Schulwissen ist erheblkich ergänzt worden 😉
Eine sehr faszinierende Beschreibung der Geologie und Landschaftsformen meiner Heimat.