Eine geschichtliche Wanderung im Staugebiet Ottenstein (1)

Stift Zwettl
Stift Zwettl
Stift Zwettl
Stift Zwettl

Wir schreiben gerade das Jahr 1955. Nach Jahren der Entbehrungen stellt sich wieder Schritt für Schritt Wohlstand ein. Am 25. Oktober 1955 verlässt der letzte Besatzungssoldat Österreich. Am Kamp baut man am Kraftwerk Ottenstein. Zwei Wanderer machen sich auf den Weg und halten ihre Eindrücke entlang des Kamp durch das Staugebiet Ottenstein fest.


Alte Karte
Alte Karte

1945 sind noch viele niederösterreichische Dörfer ohne Stromversorgung. Bald nach Kriegsende setzt eine Elektrifizierungswelle ein, sodass der große Energiebedarf aus dem im Land erzeugten Strom nicht mehr gedeckt werden kann. Deshalb startet die Landesgesellschaft NEWAG (heute EVN) im Jahr 1949 mit dem Bau einer Kraftwerkskette am Mittellauf des Kamp. Man beginnt noch in diesem Jahr mit dem Bau des Ausgleichskraftwerks Thurnberg-Wegscheid, das 1952 fertig gestellt wird. Zehn Kilometer oberhalb entsteht das Kraftwerk Dobra-Krumau, Fertigstellung 1953. Im Jahre 1954 legt man den Grundstein für den Bau des Kraftwerks Ottenstein. Es wird am 6. Juli 1957 fertig gestellt. Zuvor waren schon einige Mühlen und Einzelgehöfte am Kamp von der Aussiedelung zur Schaffung des Truppenübungsplatzes in den Jahren 1938-40 betroffen.


Doch lassen wir nun unsere zwei Wanderer zu Wort kommen:


Wir gingen im Stifte Zwettl durch den Stiftshof zum Kamp. Hier bei der Pegelstation des Stiftes endet der zukünftige Stausee. Von hier wanderten wir auf der linken Seite des Kampes bis zur Sperrmauer. Es ist eine schöne Wanderung. Voriges Jahr war noch der Wald bis zum Kamp, er war teils so dicht, dass man fast die Sonne nicht sah. Jetzt ist er schon bis zur vorgeschriebenen Höhe abgeholzt, dafür sieht man die Felsblöcke und Felsmauern um so schöner, es ist das echte waldviertlerische Felsgebilde. Teilweise geht noch ein Fahrweg neben dem Kamp, teilweise nur ein Steig, man muss auch über Steinblöcke hinüber, teilweise sieht man noch Spuren des ehemaligen Truppenübungsplatzes, da das Gras so hoch ist wie ein Dschungelgras.


Stift Zwettl
Stift Zwettl
Abholzarbeiten
Abholzarbeiten

Kurz vor dem Deckerhaus (1955 Deckerhof) beginnt die Grenze zum Truppenübungsplatz. Das Betreten ist verboten und ein Nachwandern der damaligen Tour daher nicht möglich.


Abholzarbeiten
Abholzarbeiten
Abholzarbeiten
Abholzarbeiten


Nach einer halben Stunde Wanderung kommen wir an der Straße Stift Zwettl – Pötzles am Deckerhof vorbei, der vom See verschont wird.


Deckerhof
Deckerhof
Am Kamp
Am Kamp


Gföhlersmühle
Gföhlersmühle
Gföhlersmühle
Gföhlersmühle


Auf der Weiterwanderung taucht die Gföhlersmühle auf. Sie liegt südlich von Kühbach am linken Kampufer und ist ein stattliches Anwesen, einstöckig mit Nebengebäuden und einer schönen Stauwehr. Ältere Namen sind Völlersmühl, Föhlersmühl oder Föllermühl.


Gföhlersmühle
Gföhlersmühle
Gföhlersmühle
Gföhlersmühle


Gföhlersmühle
Gföhlersmühle
Gföhlersmühle
Gföhlersmühle


Wenn man von einem Mäanderlauf des Kampes spricht, so ist dieses keine Übertreibung, denn eine Biegung gibt fast der anderen die Hand.


Mäanderlauf
Mäanderlauf
Riemerhof
Riemerhof



Der nächste Nachbar der Gföhlermühle ist der Riemerhof. Er wird auch Schoberhof genannt. Es ist ein Einschichthaus am Kamp. Das Kampbett ist hier ziemlich breit, es gibt hier prächtige Felspartien mit großen Felsblöcken im Kamp. Mein Begleiter fragt immer, woher nur diese Felsblöcke kommen. Die Gegend hier ist sehr schön. Heute ist der Riemerhof eine Ruine, da der Besitz auch im Übungsplatz liegt.


Riemerhof
Riemerhof
Felspartien
Felspartien

Wir zeigen euch alte Fotos vom Riemerhof und vom anschließenden Maderhof von der Zeit vor der Aussiedlung.


Wieder gehen wir ein Stück weiter und es taucht wieder ein Einschichthaus auf, der Maderhof, am Kamp gelegen. Die Felder des Hofes, auch Maderhofbreiten genannt, liegen im ziemlich breiten Talkessel, die beiderseitigen Höhen geben ihnen Schutz. Die älteste Bezeichnung zeigt Anklang an die mundartliche Bezeichnung der Rübe. Im Jahre 1343 heißt er Ruemhof, 1744 Ranarshof, 1840 Rannershof, Ranneshof, Raunitzhof (oder Ranitzhof so steht er in den Landkarten) und Maderhof. Er ist ein einstöckiges Haus, das im Hof um die ganze Hauswand eine Holzveranda hat. Heute ist der Maderhof auch eine Ruine.


Maderhof
Maderhof
Maderhof
Maderhof


Wieder wandern wir weiter, in der Hoffnung, dass die Fürnkranzmühle bald auftauchen werde. Doch der Kamp macht uns nicht die Freude, denn es kommt eine besonders große Kampschleife. Zuerst kommt der Führerhof oder Dirnbergerhof. Einstige Besitzer waren die Herren von Lichtenfels. Ritter sitzen hier als Zöllner der Lichtenfelser bei der Kampbrücke. Heute ist er ein Trümmerhaufen.


Führerhof
Führerhof
Führerhof + Fürnkranzmühle
Führerhof + Fürnkranzmühle


Es kommt die Fürnkranzmühle. Sie war einmal ein gesuchtes Ausflugsziel und liegt an der Straße Döllersheim – Zwettl. Die Straße selbst ist sehr alt, denn früher führte hier der Polansteig vorbei. Bis in das 18.Jahrhundert war ihr Name Stockfinstermühle, da die Straßenhöhe der Stockfinsterberg hieß. Auch Reinprechtsbruckermühle wurde sie genannt. Mit der Übernahme der Mühle durch Georg Fügenkranz stellte sich die Bezeichnung Fürnkranzmühle ein, welcher Name bis heute geblieben ist. Im Jahre 1709 erwirbt Johann Neumeister die Mühle von Georg Fügengranz. Familie Neumeister betreibt sie über 2 Jahrhunderte, bis sie ausgesiedelt wird.


Fürnkranzmühle
Fürnkranzmühle
Fürnkranzmühle
Fürnkranzmühle


In der Nähe steht noch ein kleines Haus, heute noch bewohnt, das aber auch von der Newag abgebrochen wird.


Fürnkranzmühle
Fürnkranzmühle
Fürnkranzmühle heute
Fürnkranzmühle heute
Fürnkranzmühle heute
Fürnkranzmühle heute


Südlich von der Fürnkranzmühle liegen heute schöne Badestrände.

Im nächsten Teil geht’s weiter >>>

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