>> Länge: 4,1 km | Höhe: 86 m | Dauer: 01:15 <<
Vom Bahnhof Martinsberg bis zur Säge Gutenbrunn verkehrt in den Jahren 1922 bis 1933 eine Industriebahn mit einer Spurweite von 760 mm. Sie dient damals zum Abtransport der Produkte des Holz verarbeitenden Betriebes und ist mit der Waldbahn im Weinsberg Forst mit einem 1 km langen Gleis verbunden. Die Waldbahnmaschinen verkehrten auch auf dieser Strecke. 1933 wird der Betrieb eingestellt. Wir sind heute auf dem ehemaligen Bahnkörper, oder was noch von ihm übrig ist, unterwegs.
In Gutenbrunn stehen zwei D-Kuppler von Orenstein & Koppel, zwei Dampflokomotiven der Maschinenfabrik Kolomna und zwei kleine Tenderlokomotiven der Maschinenfabrik Hoffmann mit der Achsfolge Bt im Einsatz.
Die beiden Kolomna-Lokomotiven der Bauart Cn2t (C=3 Achsen, n=Nassdampf, 2=Nachlaufachsen, t = Tatzlagerantrieb) werden im Jahre 1920 neu angefertigt und haben die Fabriksnummer 151 und 153.
Schon 1877 errichtet die Firma Munk und Söhne in Gutenbrunn eine Sägeanlage, die kurz danach den Namen “Kronprinz Rudolf-Dampfsäge” erhält. Die kleine Munk’sche Dampfsäge ist aber nicht imstande, die vorhandenen Holzmassen zu verarbeiten.
Im Jahre 1919 wird zwischen der Körner Werke AG, Vereinigte Holz-, Bau- und Industrie-AG und der Habsburg Lothringen’schen Forstverwaltung in Persenbeug ein Abstockungsvertrag (Nutzholz am Stamm) mit einer Laufzeit von 20 Jahren unterzeichnet. Und schon 1920 ist die gesamte Munk’sche Säge im neuen Körnerwerk integriert.
In den Folgejahren sind bis zu 500 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Die Zahl der Einwohner der Gemeinde Gutenbrunn steigt in dieser Zeit auf über 1500.
1928 geht der Betrieb nach dem Selbstmord von Inhaber Oskar Körner auf die Niederösterreichische Holzindustrie AG über. Wegen Differenzen mit der Gutsbesitzerfamilie wird der Abstockungsvertrag auf 15 Jahre verkürzt. Schließlich stellt die Herrschaft die Holzlieferung gänzlich ein, wodurch das Werk gezwungen ist, den Betrieb im Februar 1933 einzustellen.
Am 27. Dezember 2010 wird der Eisenbahnbetrieb zwischen Waldhausen und Martinsberg-Gutenbrunn eingestellt und im August 2014 der Schienen beraubt.
Vom ehemaligen Lokschuppen in Martinsberg folgen die Schienen der Industriebahn vermutlich der heutigen Sportplatzstraße leicht ansteigend Richtung Nordwesten. Unterhalb des Sportplatzes führt die Trasse durch einen künstlichen Einschnitt, den man heute noch gut erkennen kann.
Bei der Feldstraße kreuzt die Trasse und verläuft hinter den Häusern Richtung Am Südhang Straße. Ab hier lässt sich die Bahntrasse noch leichter verfolgen, denn es gibt links und rechts des unverbauten Streifens Grenzsteine.
Wir queren die Straße Am Berg. Hier führt die Trasse zuerst auf einem geschütteten Damm und schließlich hinter den Häusern der Eichenstraße, bis die Straße im schrägen Winkel gekreuzt wird.
Der Eisenbahndamm nähert sich in einem weiten Linksbogen dem Oedbach, der mit einer kurzen Brücke überwunden wird. Nach der Brücke folgt ein Einschnitt, der Mitte März komplett mit Schnee zugeweht ist.
Im nächsten Abschnitt bis zur Landesstraße Gutenbrunn-Martinsberg wird die Strecke zum Teil zugeschüttet oder bereits in die Felder integriert. Stellenweise ist sie total verwachsen. Kurz vor der Straße ist sie nicht mehr zu erkennen, die Wiese bildet hier bereits eine homogene Einheit.
Wir überqueren geradeaus weiter die Landesstraße und folgen der Bahntrasse, die hier auf einem Damm verläuft und die sogenannte Entenlacke überwindet. Die Brücke über den Weitenbach ist noch gut erhalten.
Ab hier verläuft die Trasse mit einem weiten Rechtsbogen durch den Wald bis Gutenbrunn. Sie folgt Einschnitten und Dämmen mit beidseitig angelegten Wassergräben und kann den ganzen Wald hindurch gut verfolgt werden.
Mancherorts ist es aber sehr nass, oder die Trasse ist so stark verwachsen, dass man in den benachbarten Hochwald ausweichen muss.<
Östlich von Gutenbrunn verläuft die Trasse entlang des Waldrandes bis sie nach der Poggschlägerstraße in eine schöne Birkenallee übergeht.
Auf Höhe der Pfarrkirche zweigen wir rechts ab und steigen einen Wiesenweg hinunter zum Truckerhaus.
Servus,
sehr interessante historische Wanderung – danke!
Nur eine kleine Ergänzung zu den eingangs erwähnten russischen Kolomna Lokomotiven . Sie wurden nicht 1920 neu für die Industriebahn Gutenbrunn – Martinsberg gebaut, sondern es handelt sich hier um ursprünglich 1904 für die russische Heeresfeldbahn gebaute Lokomotiven. 1920 kaufte die norddeutsche Firma Hoffmann 24 Stück auf, 12 wurden umgebaut und (nummeriert von 150 bis 161) neuen Zwecken zugeführt. Die oben erwähnten Nummern 151 und 153 landeten also nach dem Umbau – über den Umweg Norddeutschland, nun 1920 im Waldviertel.
https://www.werkbahn.de/eisenbahn/lokbau/hoffmann.htm
LG Hermann
Danke für die Info !
Hallo, der Lockschuppen in Martinsberg hat mit der Schmalspur- / Industriebahn nichts zu tun. Die Industriebahn befand sich auf der anderen Seite des Bahnhofes ( nördlich ). In den Lockschuppen führten nur Geleise der ÖBB Normalspur. Es wird nicht mehr lange sichtbar bleiben, aber auf Google Earth ist in Martinsberg der Bahnhof mit den Geleisen noch sichtbar.