In unserer Reihe „Abseits der Tour“ sind wir in Kirchbach, einem Dorf der Marktgemeinde Rappottenstein. Es liegt eingebettet in einer sanften Talmulde am gleichnamigen Bächlein dem Kirchbach.
Westlich vom Ortskern steht neben dem Kirchbach die Brettersäge, der wir nun einen Besuch abstatten. Vom Platz vor der Kirche, wo es auch Parkplätze gibt, wandern wir auf der Straße Richtung Lembach und biegen bei der ersten Kurve rechts ab. Kurz darauf erreichen wir die Brettersäge.
Familie Wandl legt, nachdem ein neues Sägewerk errichtet wird, den Betrieb der alten Brettersäge 1962 still. 31 Jahre dauert es, bis der Fremdenverkehrsverein Kirchbach beschließt aus der alten Brettersäge ein Freilichtmuseum zu gestalten.
In der Zeit des Stillstandes verfallen nicht nur das Wasserrad, sondern auch das große Zahnrad und der große Grindelbaum. Das hölzerne Vorschubgetriebe kommt abhanden. Säulen vermodern, Pfeiler stürzten ein. Der Unversehrtheit des Ziegeldaches ist es zu verdanken, dass besonders das Obergeschoß diese lange Zeit fast schadlos übersteht.
Zwei intensive Jahre mit Forschen, Zeichnen, Berechnen und Bauen beginnen. Gilt es doch alle verschwundenen und nicht mehr funktionstüchtigen Teile nachzubauen.
Am 28. Mai 1995 wird die wieder voll funktionsfähige Brettersäge eröffnet.
Nach diesem geschichtlichen Überblick geht es an die praktische Vorführung. Dazu wird mittels eines Seilzuges der Schuber im Werkskanal hochgehoben, und das Wasser fließt über den Fluder in die Radstube auf das oberschlächtige Wasserrad mit einem Durchmesser von vier Metern und einer Felgenbreite von einem Meter. Es gibt die Kraft über eine Achse, den Grindelbaum, an das große Zahnrad weiter, das mit drei Metern im Durchmesser und seinen 128 Zähnen vibriert und stampft. Wir spüren es am Boden, und es ist beeindruckend. Das große Zahnrad greift in ein kleines gusseisernes Zahnrad mit nur mehr 26 cm Durchmesser und 9 Zähnen ein, das wiederum alle Räder auf der Hauptwelle in Bewegung setzt. Eine Exzenterscheibe setzt die Drehbewegung der Hauptwelle in die Auf- und Abbewegung des Gatters um, das mit nur einem Sägeblatt („Sageisen“) bestückt ist. Vorschubgetriebe und Blochaufzug erhalten ihren Impuls über das Sägegatter.
Wir gehen in das Obergeschoß. Es geht über breite steinerne Stiegen hinauf zum Werkskanal. Von hier kommt man in die Sägestube. Etwa in der Mitte befindet sich das „Venezianische Gatter“. Allgemein wird dabei damals eine technische Innovation aufgegriffen, die Leonardo da Vinci (1452 – 1519) mit der Konstruktion des Prototyps einer Sägemühle ausgelöst hat, aber stark abgeändert wird. Dabei wird nicht in alter Weise das Sägeblatt zum Stamm (auch Bloch genannt) geführt, sondern der Stamm wird auf dem „Sägewagen” mit langsamem Vorschub an das Sägeblatt gedrückt. Das Sägeblatt ist in ein „Gatter“ (Holzrahmen) gespannt, das durch ein ausgeklügeltes Zahnrad-Hebel-Kurbelsystem auf- und abbewegt wird, das gleichzeitig auch den Sägewagen steuert. Zuvor wird das Bloch mit einem „Blochaufzug“ in das Obergeschoß gerollt.
Auch hier gibt es eine praktische Vorführung, beginnend mit dem Blochaufzug. Schließlich gibt es auch hier wieder einen Seilzug, der im Untergeschoß das Vorschubgetriebe aktiviert und den Sägewagen in kurze, mit der Säge abgestimmten, Vorwärtsbewegungen bringt. Das Sägeblatt, das bisher praktisch im Leerlauf gelaufen ist, beginnt mit seiner Arbeit. Auf alten Aufnahmen kann man im Untergeschoß in einem Museumsraum den Blochaufzug in Aktion sehen.
Zu guter Letzt werfen wir noch einen Blick in die Kammer des Saglers, dem einzigen warmen Raum in der Säge. Dieser kleine Wohn-, Schlaf- und Kochraum ist seitlich an das Obergeschoß angebaut und ist nicht größer als ein kleiner Balkon.
Mit zwei besonderen Fotos beenden wir die beeindruckende Führung nach zwei Stunden. Zu sehen sind eine Reihe alter Sägeblätter und ein Ausschnitt aus dem Holzschnitt „Neben dem Mühlbach“, limitiert und signiert von Prof. Erich Steininger, die im Museum käuflich zu erwerben sind und als Bausteinaktion der Renovierung und Erhaltung der Brettersäge dienen.
Viele zusätzliche Details, Geschichten und Anekdoten zur Brettersäge erfährt man bei einer Führung.
Wir bedanken uns bei Mag. arch. Josef Wagner für die zwei Stunden, in der die Zeit wie im Flug vergangen ist.