Auf der Höhe westlich von Zwettl liegt das Dorf Moidrams. Heute fast mit der Stadt zusammengewachsen, ist das Dorf jahrhundertelang Zentrum einer kleinen, selbstständigen Herrschaft. Inmitten der Häuser befindet sich damals, so wie in vielen Waldviertler Dörfern, ein kleiner Rittersitz. Zahlreiche Adelsgeschlechter sind im Laufe der Zeit hier ansässig, darunter auch recht prominente Familien, deren Mitglieder zum Teil recht dramatische Schicksale erleben müssen.
Der Ort Moidrams wird 1139 als Mowderates in der Gründungsurkunde des Klosters Zwettl zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der Name bedeutet wahrscheinlich „Siedlung eines Mannes mit dem (slawischen) Namen Mojedrag“.
In Moidrams befindet sich ein ehemaliges Herrenhaus, das 1310 erstmals im Stifterbuch des Klosters Zwettl erwähnt wird. Es fungiert als einflussreiches und relativ eigenständiges Verwaltungs- und Machtzentrum. So residieren im Lauf der Jahrhunderte die unterschiedlichsten Adelsfamilien in Moidrams. Mit der Abschaffung der Robotpflicht durch Kaiser Josef II. beginnt 1787 der wirtschaftliche Niedergang des einstigen Herrensitzes Moidrams.
Nach Teilung und Verkauf ist das Gebäude in weiterer Folge dem Verfall preisgegeben und soll in den 1980er Jahren sogar abgerissen werden.
Dem Engagement des heutigen Besitzerehepaares Wilfried und Hilda Brocks ist es zu verdanken, dass das geschichtsträchtige Haus vor dem Verfall gerettet wird und heute als gelungenes Beispiel für Restaurierung und Denkmalpflege gilt.
Während die Sonne langsam im Westen untergeht kommen wir geführt von Mag. Ralf Wittig beginnend von der Propstei dem ehemaligen Schloss auf dem Berg mitten in Moidrams immer näher. Das Schloss wird ursprünglich durch einen Meierhof im Osten erreicht. Die heutigen Häuser stehen zum Teil noch auf alten mittelalterlichen Grundmauern. Wir gelangen heute vom Westen in das Anwesen. Im Vorgarten erfahren wir mehr von der Geschichte und seinen zahlreichen Besitzern.
Familie Brocks bittet uns nun in das mit neuem Leben erfüllte Haus.
Der Ansitz (Klassifikationsbegriff für einen kleineren Wohnsitz des niederen Adels), Moidrams Nr. 28, befindet sich in zentraler Lage im Haufendorf am linken Trockenrand der ehemaligen Quellmulde, welche die Leitlinie des Dorfes bildet. Nach einer Beschreibung durch Mag. Ralf Wittig ist das Haus ein großer Kastenbau, der ursprünglich nach Osten, zum Meierhof orientiert ist, doch nach 200 Jahren bäuerlicher Nutzung stark verändert und umgebaut wird. Im Westen und Osten, zur heutigen Straße, befinden sich Reste des Grabens, im Süden Teiche. Ein früherer Turm kann anhand von Abbildungen nachgewiesen werden (Moydrats villa), wird jedoch nach dem Erwerb des Anwesens durch das Stift Zwettl (vor 1672) abgetragen. An der Ostfassade sind Sgraffitomalereien erhalten, an der Westseite sind diese rekonstruiert. Das Mauerwerk ist teilweise mittelalterlich, stammt jedoch großteils aus dem 16./17. Jahrhundert, ebenso die Gewölbe. Das Erdgeschoß besitzt im Inneren Stichkappengewölbe sowie eine Rauchküche mit Schlot. Im Obergeschoß sind Holzdecken erhalten, teilweise noch aus dem 17. Jahrhundert.
Mehr Details unter NÖ-Burgen online.
Der in Waidhofen an der Thaya geborene und in Zwettl tätige akademische Restaurator Mag. Ralf Wittig ist Verfasser des Bandes „Zwettler Zeitzeichen – Das Schloss auf dem Berg“, der sich mit einer bisher kaum beachteten kleinen Herrschaft in unmittelbarer Nähe der Stadt Zwettl und dem dazugehörigen Hof beschäftigt.
Die “Zwettler Zeitzeichen” sind zum Preis von je 10,- Euro pro Band im Zwettler Buchhandel sowie bei den Verkaufsstellen der Zwettler Museen oder direkt beim Stadtamt Zwettl (Gartenstraße 3, 3910 Zwettl, Tel. 02822/503100) erhältlich.
Eine Führung auf Initiative des Museumsvereins Zwettl.
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Zu finden auf unserer Wanderung: ● Naturfreundeweg 2 Zwettl-Gschwendtmühle |