Dieser Abschnitt führt uns in zwei Stunden vom Stift Zwettl nach Oberstrahlbach und ist durchgehend markiert.
Bevor wir uns auf den Weg machen, werfen wir einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des Stifts.
1138 legt Hadmar I. von Kuenring mit seiner Stiftung den Grund für die Ansiedlung der Zisterzienser im Nordwald. Mönche aus Stift Heiligenkreuz errichten am Kamp die ersten Klostergebäude und beginnen das klösterliche Leben. Mit großem Geschick errichten sie die mittelalterlichen Gebäude des Stifts und schaffen mit der Kultivierung des Landes die wirtschaftliche Basis. 1159 kann die erste Klosterkirche geweiht werden.
Die romanische Kirche wird im 14. Jahrhundert, einer Zeit kultureller Blüte, durch einen gotischen Kirchenbau ersetzt. Im Zuge der politischen Verhältnisse (Kriege und Reformation) des 15. und 16. Jahrhunderts kommt es zum Niedergang des Klosters. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts setzt jedoch wieder eine Periode der Erneuerung ein. Das Kloster gelangt unter der Regierung tüchtiger Äbte, welche die religiösen und wirtschaftlichen Verhältnisse ordnen, zu neuer Blüte. Vor allem die Barockzeit ist es, in der die Stiftsgebäude unter Abt Melchior Zaunagg vollkommen umgestaltet werden. Die Kirche wird fertiggestellt und innen kostbar ausgestattet. Mit dem Kirchturm erhält das Stift sein unverkennbares Wahrzeichen.
Im Lauf der Jahrhunderte entwickeln sich die Zisterzienser in Österreich zu einem Priesterorden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erfolgt unter politischem Druck eine weitgehende Veränderung des klösterlichen Lebens, die Mönche wenden sich vermehrt der Seelsorge in den anvertrauten 15 Pfarren zu. Zwölf dieser Pfarren werden wir im Laufe des Pilgerweges besuchen.
Beim Lindenhof treten wir durch das Tor hinaus in die weltliche Welt mit einem besonderen Blick auf die christlichen Zeichen. Links vom Tor steht die Statue „Sankt Bernardus“. Der Figur fehlen beide Hände.
Wir folgen nun der Straße aufwärts und durchgehend weiter dem Thayaquellenwanderweg 623 bis Oberstrahlbach.
Kurz darauf treffen wir linker Hand auf das Gedrehte Kreuz.
Wolfgang II. Örtel aus Gerotten ist von 1495 bis 1508 Abt des Zisterzienserklosters Zwettl und läßt diesen spätgotischen Tabernakelbildstock aus Granit im Jubiläumsjahr der römisch-katholischen Kirche 1500 errichten. Die „Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereins zu Wien“ erwähnen 1891 eine Inschrift unter der vorderen Öffnung des Tabernakels: „Anno Do MCCCCC WA“. Sie dokumentiert damit die Setzung dieses Bildstockes.
Auf einem mehrstufig angelegten Sockel steht ein gedrehter, kannelierter Schaft mit einem bauchförmigen Abschluss am unteren Ende. Der aufgesetzte Tabernakel ist auf drei Seiten offen. Seine Fenster sind mit gotischem Maßwerk und das pyramidenförmige Dach mit vier Radkreuzen verziert.
Etwa nach 200 m zweigen wir rechts ab und folgen der schmalen Straße Richtung Dürnhof. Vorsicht – Rechter Hand liegt gleich hinter dem Straßengraben das Sperrgebiet des Truppenübungsplatzes Allentsteig.
Der Dürnhof, ein ehemaliger klösterlicher Wirtschaftshof (Grangie), am Zwettler Berg nördlich der Stadt Zwettl gelegen, ist von vielen Standorten aus zu sehen. Eine Grangie ist ein von Laienbrüdern bewirtschafteter Hof des Klosters.
Das markante Gebäude hat viele Höhen und Tiefen hinter sich. Der Dürnhof ist derzeit in Privatbesitz und wird als Ort für kulturelle Veranstaltungen geführt. Wer also Interesse hat, dieses Gebäude zu besichtigen, der sollte diese einmalige Gelegenheit nützen. Kann man üblicherweise nur beim Gittertor einen Blick auf das schöne Gebäude werfen, so hat man bei öffentlichen Veranstaltungen die Möglichkeit, die herrlichen Räumlichkeiten zu betreten, noch dazu in einem besonderen Ambiente.
Der Dürnhof dürfte um 1200 erbaut worden sein. Erstmals urkundlich erwähnt wird der „Durrenhove“ im Bestätigungsdokument des Papstes Innozenz III. vom 30. Jänner 1210, in dem er, vermutlich wegen des schlechten Bodens und des mageren Ertrages, als „macra curia“ bezeichnet wird.
1295 wird die Kapelle im Dürnhof dem Apostel Paulus geweiht. 1427, als die Hussiten mit einem Heer nach Niederösterreich eindringen, die Stadt Zwettl belagern und das Kloster verwüsten, errichten sie nahe dem Dürnhof ihre befestigte Wagenburg. Im 17. und 18. Jahrhundert hält das Kloster auf dem Hof riesige Schafherden, die, sehr zum Leidwesen der untertänigen Bauern, auf den umliegenden Feldern oft großen Schaden anrichten.
Mit 1. September 1938 geht der Dürnhof im Zuge der Anlage des Truppenübungsplatzes Döllersheim (heute Allentsteig) in den Besitz des Deutschen Reiches über. In der Folge errichtet die Deutsche Wehrmacht um den Hof ein riesiges militärisches Ausbildungslager, in dem rund 2.000 Menschen unterkommen. 1945 übernimmt die Rote Armee bzw. deren Wirtschaftsverwaltung USIA den Übungsplatz und den Dürnhof. Beide gehen 1955 in den Besitz der Republik Österreich über. Von 1984 bis 2005 beherbergt der Dürnhof ein Museum für Medizin-Meteorologie. Seit 2003 ist der Hof in Privatbesitz.
Wir lassen den Dürnhof rechts liegen und queren die Straße bei einer Unterführung. Danach biegen wir rechts ab und folgen kurz dem Begleitweg der Bundesstraße. Dann folgen wir links dem Feldweg Richtung Waldrand.
Beim gemauerten Bildstock aus dem Jahre 1908 überqueren wir die Eisenbahn Schwarzenau – Waldhausen. Zahlreiche Güterzüge transportieren Holz und hauptsächlich Restmüll nach Dürnrohr zur Müllverbrennung.
Im weiten Linksbogen durch ein kurzes Waldstück haben wir Gradnitz erreicht. Der Wanderweg führt am sogenannten Hintausweg nördlich von Gradnitz vorbei. Wir wandern aber durch Gradnitz aufwärts an das westliche Ende der Ortschaft. Dort treffen wir wieder auf den Thayaquellenwanderweg 623, der gemeinsam mit dem Waldviertler Kulturpfad 665 nach Oberstrahlbach führt.
Gradnitz wird 1139 mit der Bezeichnung Gradenze in der Gründungsurkunde des Klosters Zwettl zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der Name wird von dem slawischen Wort grad (deutsch: Burg) abgeleitet und bezeichnet somit die Gegend um eine Burg. Von dieser Burg ist heute aber nichts mehr zu sehen.
Beim ehemaligen Gasthof Theresienhof verlassen wir linker Hand die Durchzugsstraße und zweigen gleich danach rechts Richtung Schweiggers ab. Zuerst durch Wiesen und Felder geht es dann geradeaus zuerst durch den Wald und später am Waldrand entlang.
Beim Pestmarterl, einem gemauerten Bildstock, erreichen wir Oberstrahlbach. Der Bildstock steht an der Kreuzung der alten Zwettler Straße mit dem Gradnitzweg. Wir halten uns rechts und streben der schon sichtbaren Kirche zu. Vorbei an einer schönen Wegkapelle aus dem Jahre 1904 durchwandern wir die Ortschaft auf einer Nebenstraße und erreichen die etwas oberhalb stehende Pfarrkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit.
Am Weg hinauf zur Pfarrkirche steht an der Westseite des Pfarrhofes in einer Nische die Heilige Veronika mit dem Schweißtuch. Sie wird 1955 vom Bildhauer Hermann aus Gmünd restauriert und ist um 1670 entstanden. Hier werden bis heute die Wallfahrer der Ortschaft verabschiedet und empfangen.
Zwischen Pfarrhof und Kirche steht die Dreifaltigkeitssäule, ein Gnadenstuhl. Nach dem Chronogramm der Inschrift entsteht die Säule im Jahre 1713. Sie ist vollständig aus Granit, ebenso die Dreifaltigkeitsgruppe und daher sehr witterungsbeständig.
Hier haben wir unser erstes Zwischenziel Oberstrahlbach erreicht.