Reichers und Rohrenreith südlich von Zwettl liegen fast vollständig von Wald umgeben an je einer Seite des flachen Sierningbachtales. Der Sierningbach, der zuvor schon den Osanbach und den Göttfritzbach mit dem Marktgraben aufgenommen hat, wird in Reiches noch vom Reichersbach verstärkt und fließt in nördliche Richtung in weiterer Folge durch den Viehgraben bis nach Zwettl, wo er schließlich in den Kamp mündet. Der Sierningbach teilt die landwirtschaftlich genützte Ebene zwischen den beiden Orten und bildet eine natürliche Grenze.
Wir starten unsere Wanderrunde im Norden von Reichers bei den Hopfenfeldern, dort wo der Wildkräuterweg die Landstraße verlässt. Anfang Oktober liegen die meisten Felder abgeerntet im leichten Morgennebel. So fehlt auch schon der Hopfen auf den alten Telegraphenmasten. Ausschließlich einige Kartoffeln müssen noch aus der Erde gehoben werden und finden den Weg in die Kubikmeter großen Holzkisten. Die Luft riecht leicht erdig und die nahegelegene Aubergwarte wird langsam vom Nebel freigegeben. Wir folgen den Wegweisern des Wanderweges bis zum Waldrand und rechts hinunter zur Kläranlage, die unmittelbar neben dem Sierningbach liegt.
Entlang des Sierningbaches geht es zurück bis zur Reichersmühle. Die Gänse fühlen sich trotz des trüben Wetters pudelwohl.
Im Jahre 1949 brennt die schon damals nicht mehr aktive Mühle bis auf die Grundmauern ab und wird nicht mehr als Mühle errichtet. Einzig und allein der Name bleibt erhalten.
Von hier geht es links hinauf auf den sogenannten „Hinterbergen“, der höchsten Erhebung zwischen den beiden Orten Reichers und Rohrenreith. In Rohrenreith verlassen wir den markierten Wanderweg und biegen bei der Durchzugsstraße rechts ab.
Am 20. Februar 1240 schenkt Herzog Friedrich II. dem Kloster Zwettl das Lehen Rohrenreith zu freiem Eigen, nachdem die Lehenträger Graf Konrad von Hardegg und Albero von Schwarzenau (durch den Pfarrer Seifried von Zwettl entschädigt worden waren) und die Lehenschaft aufgesagt hatten. Das ist die erste urkundliche Erwähnung von Rohrenreith.
Wir treffen wieder auf den Sierningbach. Links von der Brücke befindet sich der Standort der ehemaligen Hammerlmühle. Sie ist bis 1966 Sägewerk und Mühle. Von hier geht es rechts hinauf über das sogenannte Zirnerfeld Richtung Reichers.
Entlang des Weges kommen wir immer wieder bei Sonderkulturen vorbei. So werden neben den herkömmlichen Ackerbau wie Roggen, Kartoffeln, Mohn und Braugerste zahlreiche Spezialpflanzen kultiviert. Heil- und Gewürzpflanzen allgemein, Mariendistel, Mohn, Flachs, Ölpflanzen und andere bereichern die Vielfalt der Ackerfrüchte. Die kleine Ortschaft Reichers wird schon im Jahre 1208 urkundlich erwähnt.
Am 10. November 1208 findet in der Burg zu Weitra eine Doppelhochzeit statt. Zahlreiche adelige Gäste, Ritter und Ministeriale aus nah und fern sind gekommen, denn der Burgherr Hadmar II. von Kuenring und seine Gattin Euphemia von Mistelbach haben zu diesem Fest geladen. Albero, der älteste Sohn des Kuenringerpaares ist der eine Bräutigam. Leider ist der Name seiner Braut und späteren Ehefrau nicht überliefert. Weiters heiratet an diesem Tag Gisela, die einzige Tochter aus der Ehe von Hadmar und Euphemia den Ulrich von Falkenberg. Auch Abt Marquart aus Stift Zwettl ist zu diesem Fest nach Weitra gekommen. Ihm übergibt Hadmar zur Feier des Tages eine Urkunde, mit der er und seine Familie die Schenkung zahlreicher Güter an das Kloster Zwettl bestätigt, sie befindet sich noch heute im Archiv des Stiftes. Und so wechseln auch „in Richers vier Mansen“ (Richers = Reichers) den Grundbesitzer.
Vorbei an der Kapelle von Reichers wandern wir rechts durch das Dorf und zwischen den Häusern Richtung Reichersmühle, bevor wir links vor der Mühle zurück zum Ausgangspunkt kommen.
Und wie sooft im Waldviertel hat sich der Morgennebel verzogen und der schönste Tag breitet sich aus.